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Helga König
Foto: Peter J. König |
Drei Tage hielt ich mich auf der Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr auf. Dort soll es so viele Messeveranstaltungen wie noch nie gegeben haben. Von nahezu 4000 Veranstaltungen wird gesprochen. Hier ist der Messebesucher gefordert, vielleicht sogar überfordert. Das Kommunikationsbedürfnis scheint riesig zu sein und dafür gibt es in Zeiten großer Bedrängnis natürlich auch unzählige Gründe.
Zunächst nahm ich mir vor, die Halle des Gastlandes zu besuchen, weil die Gestaltung dieses Raumes zumeist etwas Essentielles über den Geist der Messe aussagt.
Auf dem Weg dorthin traf ich Eri Maryana, eine Indonesierin, die den langen Weg nach Frankfurt auf sich genommen hatte, weil sie ihre Bücher auf der Messe zeigen und sich über das Buchmessengeschehen kundig machen wollte, da Indonesien im kommenden Jahr Gastland der Buchmesse sein wird. Mit Eri Maryana habe ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" ein Interview geplant, um mehr über Lesegewohnheiten in Indonesien in Erfahrungen zu bringen, aber auch um diese kluge Autorin potentiellen deutschsprachigen Lesern vorzustellen. Der Zeit voraus zu sein, ist immer wichtig, wenn die Zeiten, in denen man lebt, eisig sind.
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Foto: Helga König |
Die Halle der Finnen erwies sich als ein Ort, der eine Winterlandschaft vermittelte. Inmitten des Raumes wurde eine Eisfläche aus Glas suggeriert, die mich sofort an die Begrifflichkeit "Tanz auf dem Eis" denken ließ, also an die Situation des Verlagswesens zu Zeiten von Amazon.
Um die Eisfläche waren vergleichsweise wenige Bücher gereiht. In weißen Gebilden, - großen runden Containern-, die offenbar Iglus darstellen sollten, fanden Lesungen statt oder man sorgte sich um Kinder, die ihre Kreativität ausleben durften. Der Raum der Kinder interessierte mich besonders. Er war bunt. Die Kinder kamen aus der ganzen Welt, kommunizierten fröhlich miteinander und schienen - unbeeindruckt von der eisigen Atmosphäre draußen - einen Plan zu schmieden, wie man die Welt erneut bunt gestalten kann. Alles ist eine Frage des Wollens, ewiges Eis gibt es nicht.
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Foto: Helga König |
Die Inszenierungen vor Publikum werden wichtiger, lässt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Leser wissen. Deshalb auch gibt es rund 4000 Buchmesse-Veranstaltungen. Unter der Schirmherrschaft des Frankfurter Oberbürgermeisters Peter Feldmann haben am Freitag 500 Frankfurter Kinder als "Buchpiloten" die Messe erkundet, denn der Themenschwerpunkt war das Kinderbuch, das am Freitag im Rahmen des "Kids Friday" so publikumsnah wie nur möglich gestaltet wurde. Kinder in Zeiten des Internets an Bücher heranzuführen, ist keine leichte Aufgabe. Sie setzt voraus, dass die Erwachsenen ihnen Liebe zum Buch vermitteln, sie mit der Schönheit und der Haptik von Büchern vertraut machen.
Da derzeit eine neue Generation in der Verlagsbranche den Handel mit Inhalten übernimmt, wurden seitens der Messe innovative Netzwerke für die Next Generation in einem eigenen Bereich in Halle 4.1. A 110 angeboten. Durch einen eBook Award für das schönste deutschsprachige E-Book sollen auf diese Weise die Leistungen von Verlagen und Self-Publishing –Autoren im Bereich innovativer Produktentwicklung und kreativer Gestaltung gewürdigt werden.
Der Deutsche Buchpreis – das darf nicht unerwähnt bleiben- ging in diesem Jahr an Lutz Seiler. Er erhielt diese Auszeichnung für seinen bei Suhrkamp erschienen Roman "Kruso". Den neuen Buchpreisträger habe ich leider nicht ablichten können, dafür aber zahlreiche andere Autoren, die alle bemüht waren, auf ihre Werke aufmerksam zu machen, indem sie vor neugierigem Publikum lasen und Interviewpartnern Rede und Antwort standen.
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Rechts: Tina Soliman |
Doch ich möchte chronologisch vorgehen: Nach meinem Besuch bei den Finnen freute ich mich auf das Gespräch mit Tina Soliman am Stand von Klett- Cotta, deren neues Buch
"Der Sturm vor der Stille- Warum Menschen den Kontakt abbrechen" ich rezensiert habe. Zwei Interviews auf "Buch, Kultur und Lifestyle" habe ich bereits mit der umtriebigen Journalistin, Autorin und Regisseurin machen können, die u.a. den "6. Marler Fernsehpreis für Menschenrechte" von Amnesty International erhielt, aber auch den "Katholischen Medienpreis der Deutschen Bischofskonferenz". Erneut war ich beeindruckt von der tiefen Nachdenklichkeit dieser wunderbaren Autorin, die durch ihre beiden Bücher zum Thema Kontaktabbruch vielen Menschen hilft, die quälende Frage nach dem "Warum" zu beantworten.
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Rechts: Giovanni di Lorenzo |
Spannend fand ich, was Giovanni di Lorenzo zu seinem Buch "Vom Aufstieg und anderen Niederlagen" äußerte. Dieses Buch zu lesen, habe ich mir vorgenommen, denn es scheint erkenntnisfördernd zu sein.
Ein großes Thema auf der Buchmesse war Self-Publishing. Diesbezüglich wurde sogar ein Autorenrundgang angeboten und auf einer Content Marketing Tour stellte Klaus Eck Verlage mit besonders innovativen Marketing-Strategien vor. Diese werden immer wichtiger seit sich der gefräßige Hai Amazon einen Leckerbissen nach dem anderen vornimmt.
"Dieses Buch", so Peter J. König "ist so wichtig, dass es jedem ans Herz gelegt werden muss, besonders den jungen Generationen, damit an Hand konkreter Beispiele durch die Person von Rudolf Höss aufgezeigt wird, zu was ihre einzelnen Vertreter, aber ganz besonders die gesamte Machtclique um Hitler fähig waren. Mit welcher Brutalität und Menschenverachtung, aber auch mit welchen niederen Instinkten, Habgier und Größenwahn die Nazis das ganze deutsche Volk für ihre kranken Interessen motiviert hat, das ist die eigentliche Botschaft dieses Buches."
Nirgendwo auf der Buchmesse habe ich so viel Power und Zuversicht verspürt wie am Stand des dtv-Verlags. Vielleicht ist es der Mix der Titel, aber auch die Freundlichkeit, die dort überall aufleuchtet und so viele Menschen verweilen und auch miteinander kommunizieren lässt. Hier ist man gerne, hier fühlt man sich angenommen. Hier bleibt man gerne.
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Friederike Koch-Büttner, Franziska Fischer |
Besonders wohl fühle ich mich aber auch immer am Stand des Elisabeth Sandmann Verlags, denn dort werden Bücher vertrieben, die für das Selbstbewusstsein weiblicher Leser von Bedeutung sind, weil sie aufzeigen, dass Frauen in der Geschichte immer auch eine große Rolle spielten.
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Dr. Elisabeth Sandmann |
Auf der gelungenen Abendveranstaltung, mit dem schönen Titel "Eine Reise in das Land des Lächelns", die von der "Edel AG" ausgerichtet wurde, hatte ich Gelegenheit einen Blick in die Zukunft des Zabert-Sandmann-Verlags zu werfen. Gefreut habe ich mich auf der Veranstaltung Dr. Jens Priewe begegnet zu sein, dessen Weinwissen mich schon immer sehr beeindruckt hat. Ebenso aber freute ich mich Thomas Bleitner anzutreffen, mit dem ich vor Tagen erst ein Interview zu seinem Buch "Frauen der 1920er Jahre" aus dem Elisabeth- Sandmann- Verlag realisieren konnte. In der Business Vogue vom Oktober 2014 titelt das Magazin "Elisabeth Sandmann hat ein Gespür für Bücher". Das möchte ich bestätigen, denn ich habe zahllose dieser Werke rezensiert.
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Pater Dr. Anselm Grün |
Donnerstag dann wurde im Lesezelt Anselm Grün zu seinem neuen Buch "Versäume nicht dein Leben“, das ich vor geraumer Zeit rezensiert habe, interviewt. Pater Anselm berichtete auch von seinem eigenen Leben, sogar von seiner Kindheit, um den Inhalt des Buches den Zuhörern nahe zu bringen und er verdeutlichte, dass man mitunter auch die Enge benötigt, um zu erkennen, was es bedeutet, unser Leben nicht zu versäumen.
Elke Heidenreich traf ich beim Corso-Verlag. Ihr neues Buch lese ich derzeit und bin begeistert vom Inhalt aber auch von den Bildern, die "Die Schöne Stille- Venedig, Stadt der Musik" aufzuweisen hat.
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Susanne Oswald |
Gefreut habe ich mich an diesem Tag Susanne Oswald persönlich kennen zu lernen, deren Buch
"Ein Garten für die Seele- Die schönsten Gartenideen für Körper& Geist" ich kürzlich rezensiert habe. Ihr Buch halte ich nicht grundlos für Gartenbuchpreis-verdächtig. Die Autorin beeindruckt durch ihre ruhige, freundliche Nachdenklichkeit, der spirituelle Überlegungen nicht fremd sind.
Ebenfalls gefreut habe ich mich über die angenehme Atmosphäre beim Callwey-Verlag, die die Schönheit der Bücher dort spiegelt. Die Gespräche mit Autoren und dem Fotografen Ferdinand Graf von Luckner haben mich zu neuen Ideen auf "Buch, Kultur und Lifestyle" veranlasst.
Der teNeues-Verlag war auch in diesem Jahr in Frankfurt mit seinen schönen Bildbänden vertreten und dabei sehr gut besucht. Viele der Bücher aus dem Herbstprogramm werden wir auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorstellen und es wird wohl auch wieder einige Interviews mit Autoren geben.
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Till Brönner |
Am Donnerstagabend fand eine Vernissage in der Leica Galerie Frankfurt statt, wo die Werke Till Brönners derzeit ausgestellt sind, die man in dem hochwertigen teNeues Fotobildband "Faces of Talent" bewundern kann. Die Vernissage war sehr gut besucht und alle staunten über das Können dieses begnadeten Musikers, der dazu noch ein genialer Fotograf ist.
Die Kunstabteilung auf der Messe ist der Ort, von dem die meiste Ruhe ausgeht, der Ort mit der größten Beständigkeit. Hier ist das Kindle kein Thema. Hier kann der Hai Amazon nicht so schnell zuschnappen. Wunderschöne Faksimile begeistern mich jedes Jahr aufs Neue, nicht nur Kunst, sondern auch das gezeigte Kunsthandwerk dokumentiert beachtliche Kreativität. Die Bücherwelten in diesem Bereich sind fast immer mit viel Liebe entstanden und im Ergebnis kostbar.
Wenn es etwas gibt, das alles überdauert, so ist es die Kunst. Lange, bevor der Mensch Handwerkszeug herstellte, also praktisch findig war, hat er bereits gemalt. Das gibt zu denken. Wer überleben möchte, sollte malen lernen. Das zeigt die Geschichte seit ihren Anfängen.
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Peter Schmidt |
Dass ich unseren Facebook-Freund Peter Schmidt auch in diesem Jahr auf der Messe traf, freute mich natürlich besonders. Durch ihn wurde ich auf zwei bemerkenswerte Bücher aufmerksam, die ich demnächst auf "Buch, Kultur und Lifestyle“ rezensieren möchte. Vier Bücher zum Thema Angst will ich bald vorstellen, weil ich weiß, dass Angst immer ein schlechter Berater ist, speziell in Zeiten, die man als eisig bezeichnen kann.
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Jürgen Güttler |
Mit Jürgen Güttler, dem Mann von Dana Güttler, der Inhaberin der
„Academy of fine Art“, die ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" vorgestellt habe, verbrachte ich einige kurzweilige Stunden am Freitag auf der Buchmesse, wo wir uns mit dem Thema Kunst näher befassten.
Als Jürgen Güttler und ich zum Schluss noch einen Abstecher in die Halle der Finnen machten und ich mir abermals das Eis dort vergegenwärtigte, dachte ich erneut daran, dass nicht das Eis, sondern die Kunst die Zeiten überdauert und überlegte mir als ich ein Foto von meinem Begleiter machte an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ich einen Ort kenne, wo man das Zeichnen und Malen erlernen kann. Es handelt sich um Dana Güttlers
"Academy of fine Art", die ich jedem gerne empfehle.
Eine Fülle von Pressekonferenzen auf der Buchmesse haben gewiss viele Journalisten noch nachdenklicher werden lassen. Wird es demnächst noch eine Frankfurter Buchmesse geben oder wird auch dieses Ereignis in die virtuelle Welt verbannt?
Solange es guten Grund gibt, sich mit Haptik auseinander zu setzen und solange Menschen aus aller Welt die reale Begegnung suchen, weil diese sinnstiftend ist, muss sich weder Frankfurt noch Leipzig Sorgen machen. Wo heute Eis als vermeintliche Realität gezeigt wird, wird im kommenden Jahr ein warmer Regen niedergehen. "Indonesien", so schreibt Wikipedia "gehört zu den Hotspots der Artenvielfalt und beherbergt neben wertvollen Waldökosystemen große Bestände an tropischen Korallen." Das klingt doch vielversprechend, oder?