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Donnerstag, 26. September 2013

Bericht zur Trauerfeier für Marcel Reich-Ranicki, Donnerstag, 26.9. 2013, 15 Uhr

 Marcel Reich-Ranicki
Foto:  Helga König
Heute am 26.9.2013 fand um 15 Uhr auf dem Hauptfriedhof Frankfurt am Main die Trauerfeier für den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki statt.

Auf dem Friedhofsgelände waren schon zwei Stunden zuvor viele Polizisten anwesend, sogar ein Polizeihund, der nach Sprengstoff suchte. Gottlob vergeblich. Wie später Frank Schirrmacher von der FAZ in seiner Trauerrede bekundete, habe Reich-Ranicki, den er oftmals auf Trauerfeiern begleitete, diese von ihrer Wichtigkeit her stets nach der Anzahl der Sicherheitskräfte beurteilt. Gemessen an den Sicherheitskräften heute Nachmittag auf dem Hauptfriedhof hat der Literaturkritiker, der wie Schirrmacher weiter berichtete, mit Vorliebe Trauerfeiern "rezensierte", über seine eigene Trauerfeier zufrieden sein müssen.

Zweihundert geladene Gäste waren im inneren Bereich der Leichenhalle versammelt, hinzu kamen im öffentlichen Bereich und im Freien viele weitere Hunderte von Lesern Reich-Ranickis, die alle von ihm Abschied nehmen wollten.

Trauerreden wurden gehalten, denen Musikstücke von Johann Sebastian Bach, Robert Schumann und Giacomo Puccini zwischengeschaltet waren. Dabei enthielten die Trauerreden neben viel Nachdenklichem, auch Anekdotisches. Zur Begrüßung sprach Rüdiger Volhard. Es folgten Reden von Peter Feldmann, dem Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt und von Volker Bouffier, dem Ministerpräsidenten des Landes Hessen sowie von Petra Roth, der Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt a.D.

Bundespräsident Joachim Gauck nahm auch an den Trauerfeierlichkeiten teil, eine Trauerrede hielt er jedoch nicht.

Frank Schirrmacher, Rachel Salamander, Salomon Korn und Thomas Gottschalk waren sich, wie auch ihre Vorredner der intellektuellen Größe Marcel Reich-Ranickis sehr bewusst und würdigten sie jeder auf seine Art. Alle kannten seine unbändige Neugierde, seine Liebe zur Literatur und Musik, seine Freude an Gesprächen, aber auch sein rasches Sich-gelangweilt-Fühlen. Wer Freund des Kritikers werden wollte, durfte ihn nicht langweilen, musste Esprit haben und zuhören können.

Sehr berührt hat mich die Trauerrede des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Frankfurts Salomon Korn, der mit Reich-Ranicki seit Mitte der 1980er Jahre befreundet war. Die beiden hatten sich bei Ignaz Bubis kennen gelernt. Korn zitierte dort Heinrich Heine. Nach Meinung Reich-Ranickis zitierte er ihn falsch. Die beiden wetteten um ein Abendessen, das Korn verlor, dafür aber einen wirklichen Freund gewann. 

Trauerfeier für Marcel  Reich -Ranicki, 26.9.2013
Foto: Helga König
  
Reich-Ranicki soll im engsten Kreise ein sehr liebevoller Mensch gewesen sein, speziell seiner Ehefrau Teofila gegenüber, so Korn. Obschon die beiden so viel Fürchterliches aufgrund der Nazis erleben mussten, wagten sie in Deutschland schließlich einen Neuanfang und nicht nur das, Reich-Ranicki schenkte den Deutschen die von den Nazis verfemten Dichter wieder.

Viele Auszeichnungen hat Reich -Ranicki im Laufe seines Lebens erhalten und viele Menschen liebten ihn, so auch Thomas Gottschalk, der, was mich sehr berührte, besonders ergriffen war, noch als er die Leichenhalle verließ. Man konnte sehen, wie sehr er seinen  Freund liebte.

Lieber Marcel Reich-Ranicki, ich verneige mich tief vor Ihnen und Ihrem Können. Als großes Geschenk empfand ich es, Ihnen am Sarg heute Nachmittag "Adieu" sagen zu dürfen. 

Helga König

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