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Pater Anselm Grün, Helga König |
Die Frankfurter Buchmesse 2013 begann für mich am Mittwochvormittag und endete am Freitagabend, weil ich aus langjähriger Erfahrung weiß, dass am Wochenende ein entspanntes Beobachten der Szene nicht mehr möglich ist. Was ich erleben wollte, habe ich wahrgenommen, sieht man von Jürgen Todenhöfer ab, den ich sehr gerne persönlich kennengelernt hätte, weil er ein beeindruckender Humanist ist. Er war erst am Samstag in Frankfurt. Schade. Bleibt zu hoffen, dass sich eine andere Gelegenheit ergibt.
Einige Tage vor Messebeginn habe ich einen Reiseführer über Brasilien auf „Buch, Kultur und Lifestyle“ rezensiert, gewissermaßen zur Einstimmung, denn Brasilien war Ehrengast 2013 auf der Frankfurter Buchmesse. Der brasilianische Pavillon war übrigens von Daniela Thomas und Felipe Tasara entworfen worden und bot ab 17.50 Uhr täglich ein musikalisches Programm, das ich leider nicht erlebte und deshalb den Eindruck gewann, dass die Essenz des Landes, in dem der Regenwald und der Samba zu Hause sind, durch die innenarchitektonische Gestaltung des Raums nicht erkennbar wurde. Wo fand man in dem Raum architektonisch die brasilianische Stärke und Energie, die vielseitige Kultur, sowie die musikalische, lyrische und erzählerische Kreativität gespiegelt?
Gottlob in den Büchern und man erlebte sie während der Lesungen. Der Raum selbst machte nervös, weil ihm kein Leben eingehaucht wurde.
Wunderbare Schriftsteller und Schriftstellerinnen kamen aus Brasilien, um ihr Land intellektuell zu vertreten, darunter Andreá del Fuego; Beatriz Bracher und Paulo Linz. Im Kopf haften blieb der Satz "Das Land der Stimmen".
Wird die Stimmenvielfalt auf unserer Erde allmählich zum Stimmeneinheitsbrei durch die neuen Medien? Die Buchmesse erweckte einen gegenteiligen Eindruck. Zu den unterschiedlichsten Themen äußerten sich facettenreich die Stimmen aus so vielen Ländern dieser Erde.
Die digital "Natives" kommunizieren das Gesehene und Gehörte weitaus schneller als die alten, zum Untergang geweihten Printmedienschreiber und werden immer ernster genommen, weil alle wissen, dass sie die Zukunft sind. Ein Zurück ist nicht mehr möglich.
Ein Aus für das Buch wird es nicht geben, stattdessen wohl ein Mix, das die Liebe zur Haptik und zur pausenlosen Aktualisierung des Inhalts möglich macht. Ein solches Novum habe ich von der Messe mitgebracht und werde es demnächst auf „Buch, Kultur und Lifestyle“ vorstellen.
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Thomas Stangl |
Mein dreitätiger Messe-Rundgang führte mich übrigens zunächst in Halle 4.1. zum Paschen Literatursalon. Hier fanden die täglichen Lesungen aus der Long- und Shortlist des Deutschen Buchpreises statt. Als ich dort eintraf, begann unmittelbar darauf Thomas Stangl aus "Regeln des Tanzes" zu lesen. Stangls Stimme nahm mich sogleich gefangen. Sein Roman, den ich demnächst lesen werde, ist eine hypnotische Meditation über unsere Gegenwart und die Rolle, die der Kunst darin und in unserem Leben zukommt. Dass der studierte Philosoph bereits diverse Preise erhalten hat, wundert mich nicht, seit ich Gelegenheit hatte, seinen Worten zu lauschen.
Natürlich hatten- wie jedes Jahr- sich auch dieses Mal viele Schauspieler und andere Promis aus der Yellow-Press eingefunden. Boris Becker hat mich nicht interessiert, obschon ich einige Seiten in seinem Buch auf der Messe gelesen habe. Ihn wollte ich nicht fotografieren. Rezensentinnen, die gerne einen Verriss schreiben, sollten sich übrigens dieses Machwerk zu Gemüte führen.
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Uschi Obermaier |
Gerne zugehört habe ich Uwe Ochsenknecht, einem reflektierten, sympathischen Schauspieler, der auf dem blauen Sofa über sein Buch berichtet hat und gesprochen habe ich mit Uschi Obermaier, einer noch immer wunderschönen Frau, die nach fast sieben Jahren erneut ein Buch auf den Markt gebracht hat, das übrigens nur wenig bebildert ist und insofern meine Neugierde weckt. Was mir an dieser Frau im Gespräch besonders gut gefiel, war ihre Aufrichtigkeit und ihre Natürlichkeit.
All diese Bücher, die von arroganten Intellektuellen ungelesen als überflüssig abgetan werden, sind sehr wichtig für das Verlagswesen in einer Zeit in der das e-book boomt, zudem spiegeln sie vielschichtig den Zeitgeist.
Dünkel ist nicht mehr angesagt. Auch in den Verlagen ist die Botschaft angekommen: Hochmut kommt vor dem Fall. Nicht jedes Buch braucht nobelpreisverdächtig zu sein. Es sollte aber Information liefern und die Interessen oder Neugierde der Leser befriedigen.
Zugehört habe ich Gerd Ruge und auch Henryk Broder, zwei blitzgescheiten Autoren und gelesen habe ich im neuen Buch von Wolfgang Joop. Der Text ist ein ellenlanges kluges Interview. Joop schätze ich aufgrund seiner Eloquenz ebenso, wie die beiden zuvor genannten politischen Schriftsteller.
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Hendrik teNeues |
Sven Hannawald, dessen neues Buch mein Gatte kürzlich rezensierte, habe ich zugehört, ihn als einen äußerst sympathischen Menschen wahrgenommen und gefreut habe ich mich, Nicola Bardola wiederzusehen, der die tolle Biographie über Yoko Ono verfasst hat, die ich Anfang des Jahres besprochen habe.
Natürlich hielt ich mich an den Messeständen der
Kunstverlage lange auf und war
begeistert von den wunderbaren Bildbänden, begeistert natürlich auch von dem, was te Neues in diesem Jahr zu
bieten hat. Viele Bücher dieses Verlages werde ich rezensieren und habe sie
hier bereits auf meinem Schreibtisch liegen.
Rezensieren
auch werde ich ein Buch mit dem Titel „Sprengsatz
unterm Küchentisch“, das ich derzeit lese. Ich hatte Gelegenheit mit der
überaus humorigen Autorin Ingrid Müller-Münch einen Kaffee zu trinken und mich mit ihr über ihr
neues Buch ein wenig zu unterhalten.
Nicht nur hochwertige
Kunst- sondern auch Kochbücher habe ich
mir viele angesehen und nicht selten in
Erfahrung bringen können, welche Probleme Verlage auf der Verkaufsplattform von Amazon haben, weil dort
der Mob das Sagen übernommen hat und
seinen Sozialneid zum Schaden der
Autoren und Verlage auslebt. Offensichtlich
benutzt Amazon den Mob, um neue
Kunden für die anderen Waren im diesem virtuellen Kaufhaus anzuziehen und
scheint die Attacken auf hochwertige
Bücher in kleinen Auflagezahlen als akzeptabel zu betrachten. Eine
widerwärtige Marketingstrategie, die an das Böse im Menschen appelliert.
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Pater Anselm Grün |
Wie begegnet man dem Bösen? Diesbezüglich lohnt es, das neue Buch von Pater Anselm zu lesen, das ich allen sehr empfehle. Es macht Sinn sich in unserer Zeit mit dieser Frage zu befassen und vor allem Bücher über Ethik zu studieren. Wir stehen an einem Punkt, an dem es sich zu entscheiden gilt, welchen Weg wir gehen. Der Weg des grenzenlosen Egoismus hinterlässt nur verbrannte Erde, an der keiner Freude haben kann. Meine Begegnung mit Pater Anselm Grün und anderen Benediktinermönchen auf der Buchmesse empfand ich als besondere Bereicherung, weil diese Menschen in der Lage sind, uns zu zeigen, wo wir das innere Licht finden, dass zu unserer aller Lebensmittelpunkt werden sollte.
Bleibt zum Schluss noch zu erwähnen, dass die beiden Abendveranstaltungen, die mein Gatte und ich erleben durften, viel Freude bereiten haben. Ein Dankeschön gilt den Veranstaltern bei denen ich mich auch im Namen meines Gatten herzlich bedanke.
Nicht vergessen möchte ich zu erwähnen, dass es ein großes Vergnügen war, Facebookfreunde auf der Messe zu begegnen. Peter Schmidt, Manager bei Media Service International, schenkte mir ein Buch über die Liebe, in dem ich seither immer wieder lese. Aus dem Buch möchte ich zwei Zeilen zitieren, die ich wichtig finde:
"Es gibt eine Liebe, die nicht nur dem Geliebten gehört
Es ist die Liebe für das Leben selbst, für alles, was ist."
Mit dieser Liebe kann man dem Bösen begegnen. Wie das möglich ist, erfährt man von dem von mir überaus geschätzten Pater Anselm Grün.
Helga König
Messeimpressionen
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Peter Schmidt, Helga König |
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Hellmuth Karasek, Jutta Ditfurth |
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Sven Hannawald |
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Klaus Bresser und Frau |
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Hellmuth Karasek |
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Henryk Broder |
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Uwe Ochsenknecht |
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Uschi Obermaier |
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Pater Linus |
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Gerd Ruge |
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Ingrid Müller Münch |
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Sigrid Löffler |
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Peter J. König |
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Friederike Koch Büttner |
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Uwe Timm |
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Jagoda Marinic , Herbert Prantl, SZ |
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Thomas Stangl und Lektorin |
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Stephanie Wilhelms |
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Ernst A. Grandits |
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Edwin Haberfellner |
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Peter Bührer |
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Leon de Winter |
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Fidelis Ruppert, Benediktinermönch,
Abt von Münsterschwarzach (von 1982-2006) |
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Jutta Ditfurth |
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Nicola Bardola |
Peter J. König, Peter Schmidt
Text: Helga König
Fotos: Peter und Helga König, Pater Linus
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